
Schon länger ist es kein Geheimnis, dass die Sowjetunion früher und Russland jetzt an neuen Munitionstypen arbeitete bzw. arbeitet, die in einem bewaffneten Konflikt maximale Effektivität aufweisen würden. DU-Munition war noch in der Sowjetära ein großes Thema: Die für sowjetische 125-Millimeter-Panzerkanonen ausgelegte Munition 3BM-32 „Vant“ enthielt einen DU-Kern. Russland hat die DU-Granaten weiterentwickelt. Nach einer Meldung des russischen Nachrichtendienstes TASS (basierend auf dem Statement des Verteidigungsministeriums) sollen jetzt die russischen T-80BV-Panzer mit solcher durchschlagsstarken Munition ausgerüstet werden. Im Artikel heißt es, dass Panzer der T-80BV-Reihe mit der neuen Kanone 2А46М-4 jetzt über einen verbesserten Waffenstabilisator und den Lademechanismus für die Munition 3BM59 Svinets-1 und 3BM60 Svinets-2 verfügen. Die Munition des Typs „Svinets“ (deutsch: „Blei“) gibt es in Russland seit 1991. „Svinets-1“ hat einen Uran-Wolframkarbidkern und „Svinets-2“ verwendet abgereichertes Uran.
„Svinets“ ist die mächtigste russische Panzergranate. Sie wird als „Munition mit erhöhter Kraft“ bezeichnet und dringt durch alle modernen gepanzerten Fahrzeuge hindurch. Genau dieses Ziel hatte die Entwicklung von „Svinets“; die ältere Munition der russischen Panzer konnte die US-amerikanischen Abrams-Panzer oder die israelischen Merkava-Panzer nur schwer durchschlagen. Entscheidender Punkt ist also: Die Munition bietet eine bessere Durchschlagskraft und ist somit sehr effektiv.
Nach einem Bericht der niederländischen Verteidigungsexperten der Website „Below the Ring“ soll Russland diese Spezialmunition möglicherweise schon seit mehreren Jahren als Ersatz für vorhandene Panzermunition herstellen.
Die Munition verwendet einen Aluminium-Treibspiegel mit drei Kontaktpunkten – dies ist ziemlich einzigartig, da die meisten anderen APFSDS-Treibspiegelarten nur zwei Kontaktpunkte verwenden, heißt es bei Below the Ring. Ob und wie sich dies auf die Genauigkeit und den Laufverschleiß auswirkt, sei derzeit allerdings nicht bekannt.
Die Experten gehen bei ihrer Einschätzung auf den Vergleich zur sowjetischen Vorgänger-Granate „Vant“ ein: Im Vergleich zur 3BM-32 „Vant“, die mit einem 380 mm langen DU-Penetrator ausgestattet war, haben die beiden neuen „Svinets“-Granaten ein um 79 bis 84 Prozent längeres Projektil, was zu einer deutlichen Erhöhung der Durchschlagskraft führen dürfte.
Das Problem ihrer Verwendung bei russischen Panzern ist, dass die Abmessungen des Projektils über die Grenzen des automatischen Laders hinausgehen und dessen Modernisierung erfordern. Dieses Problem wurde mit der Modernisierung der T-80 Panzer jetzt gelöst.
Laut dem russischen Verteidigungsministerium gibt es weitere Pläne bezüglich der Ausrüstung von russischen Panzern mit DU-Munition der „Svinets“-Reihe. In der nächsten Zukunft werden neben T-80 auch die Panzer T-72 und T-90 entsprechend modernisiert.
Des Weiteren wurde im Mai 2019 bekannt (Armswatch Beitrag), dass die US Armee Interesse an Kauf und Lieferung von in Russland produzierten Munition hat. Es wurde ein Dokument der US Regierung veröffentlicht, das die kommerzielle Munition (produziert in Nicht-NATO-Staaten) aufführt – unter anderem für russische Makarov- und Tokarev-Selbstladepistolen sowie die AK-47, aber auch 122-mm-GRAD-Raketen sowie zwei Typen von DU-Munition: 125 mm APFSDSDU und 125 mm APFSDSDU-T. Die US Regierung möchte wissen, ob und wie schnell die möglichen Auftragnehmer diese Munition an Standorte außerhalb der Vereinigten Staaten liefern könnten. Die genauen Hintergründe für solche „Marktforschung“ bleiben unbekannt.
Die russischen Militärexperten verneinen mögliche Verstöße gegen das Völkerrecht hinsichtlich der DU-Spezialmunition, geben aber gleichzeitig zu, dass sie Uran und Wolfram enthält und somit einer speziellen technischen Kategorie („Munition mit erhöhter Kraft“) zugeordnet wird. In mehreren Berichten der russischen Medien (z.B. von Ria Novosti) wird „rechtfertigend“ darauf hingewiesen, dass andere Länder auch solche Munition benutzen. Dies kann jedoch nicht als Entschuldigungsgrund gelten: jegliche Art von DU-Munition kann die menschliche Gesundheit und die Umwelt nachhaltig schädigen. Nicht nur der Einsatz von DU, sondern auch die weitere Aufrüstung mit Uranmunition und deren Modernisierung können nicht toleriert werden, egal von welcher Seite dies geschieht. Allein die Effizienz einer Waffe bzw. das Streben danach sind nicht ausreichend für deren Legitimität und Akzeptierbarkeit…
(Ilia Kukin)